Mit Frauenpower durch Kempten – Internationaler Frauentag


Zum Internationalen Frauentag durfte ich eine ganz besondere Tour durch das schöne Kempten begleiten. In jeder Stadt, in jedem Dorf in Bayern gab es und gibt es Frauen, die nur wegen ihres Geschlechts nicht die Anerkennung bekommen haben, die ihnen zugestanden wäre: Künstlerinnen, Erfinderinnen, Politikerinnen, Geschäftsfrauen. Unsere Tour stand im Zeichen dieser Frauen, unserer Vorgängerinnen, ohne die wir nicht da wären, wo wir jetzt sind. Die Rede, die ich anlässlich des Internationalen Frauentages in Kempten gehalten habe, finden Sie anschließend in Textform.

100 Jahre Frauenwahlrecht, über 150 Jahre Frauenbewegung, ein Internationaler Frauentag im Jahr, nämlich heute, dem 8. März 2019.

Ich freue mich, dass Ihr, dass Sie uns heute begleiten auf eine ganz besondere Tour durch das schöne Kempten. Mein Name ist Gabriele Triebel, ich bin grüne Abgeordnete des Bayerischen Landtags und komme aus Kaufering bei Landsberg am Lech.

Der Satz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ erscheint uns heute selbstverständlich.Es war und ist jedoch ein langer Weg, Gleichberechtigung in allen Bereichen herzustellen. Frauen kämpfen seit der Französischen Revolution um Teilhabe in Bildung und Politik. Eine entscheidende Station war die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren. Der 12. November 1918 markiert ein wichtiges Datum in der Geschichte der Frauenrechte in Deutschland, denn es wurde entschieden: Das Wahlrecht gilt für Frauen und Männer. Seit diesem Tag hat sich die Rolle der Frau in Deutschland deutlich gewandelt. Frauen durften wählen und auch gewählt werden.

Dass Frauenrechte aber mit einem Handstrich einfach weggewischt werden können, zeigt das Jahr 1933: mit der Machtübernahme der Nazis war mit dem passiven Wahlrecht Schluss. Die Frauen konnten nicht mehr gewählt werden, sie durften nur noch die Männer wählen, die den zweiten Weltkrieg und den Zivilisationsbruch planten und in der Hauptsache ausführten. Nach 1945 waren es Frauen, Politikerinnen, die parteiübergreifend darauf hingewirkt haben, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter 1949 ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. So steht es im Grundgesetz Artikel 3 Absatz 1. Wenn wir aber heute genauer hinschauen, dann sehen wir, dass es noch nicht so gleichberechtigt abläuft:

Wieso sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert? Wieso verdienen sie bei gleicher Arbeit im Durchschnitt immer noch weniger als die Männer? Wieso sind Frauen deutlich mehr von Altersarmut betroffen? Wieso gibt es in den sozialen Berufen deutlich mehr Frauen als Männer? Wieso ist der Frauenanteil im Bayerischen Landtag bei nur knapp 27%? Wieso tauchen sie viel weniger in den Bereichen auf, wo es ums Wesentliche geht, nämlich ums Geld und Wirtschaft?

Zur wirklichen Gleichberechtigung ist es noch ein langer Weg. Für uns Grüne heißt das klare Ziel: Die Hälfte der Macht den Frauen. In der Wirtschaft, in der Gesellschaft, in der Politik.

In den letzten vierzig Jahren haben die Frauenbewegung und fortschrittliche Parteien einen Wandel bewirkt. Es ist noch längst nicht alles geschafft und nichts ändert sich von allein. Es gibt zwar ein Umdenken in der Gesellschaft, aber allein darauf zu vertrauen, greift zu kurz. Vieles kann nur über politischen Einsatz und Rahmenbedingungen verbessert werden.

Wir fordern: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Frauen in Führungspositionen – Kindergrundsicherung einführen und alleinerziehende Frauen vor der Altersarmut bewahren. Wir Grüne fordern: Nein heißt Nein – Wir brauchen genügend Personal und ausreichend finanzielle Mittel für Frauenhäuser und -notrufe.

So auch für das Frauenhaus in Kempten, das bereits 1983 vom Verein Frauen helfen Frauen e.V. eröffnet wurde. Für den Verein arbeiten zur Zeit 12 Frauen auf ehrenamtlicher Basis und leisten dabei etwa 9500 Arbeitsstunden im Jahr. Dazu gehören Öffentlichkeitsarbeit, Rufbereitschaften, nächtliche Einsätze der Vereinsfrauen, Akquise von Spendengeldern, Renovierungsarbeiten, Vertretung der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und vieles mehr.... Besonders zeitintensiv ist die Bereitstellung der 24-Stunden Rufbereitschaft. Sie ist Voraussetzung für die Finanzzuschüsse des Landes Bayern ist. Hier brauchen wir mehr finanzielle Unterstützung für eine so wichtige gesellschaftliche Arbeit, die Frauen und Kindern auch hier in Kempten Schutz vor häuslicher Gewalt bietet.

Wir Grüne fordern weiter: Die Hälfte der Macht den Frauen – auch in der Politik. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich, aber nur knapp 27 Prozent beträgt bislang der Frauenanteil im Bayerischen Landtag. Nur wenn Frauen gleichermaßen in den Parlamenten vertreten sind, kann man von einer echten Repräsentanz des Volkes sprechen. Für echte Gleichberechtigung benötigen wir also eine Reform des Wahlrechts, das wir mit unserem „Hälfte-der-Macht-Gesetz“ fordern.

Wir wollen mehr Frauen sehen und hören – in der Regierung, im Parlament, in öffentlich-rechtlichen Gremien und in Aufsichtsräten von Unternehmen! Für all das brauchen wir Willen, Mut und Tatkraft – von allen Geschlechtern. Als erste Frau in Deutschland hat Marie Juchazc 1919 eine denkwürdige Rede im Parlament gehalten. Sie sagte: „Wir Frauen müssen nicht dankbar sein, dass wir wählen und gewählt werden dürfen und dass ich hier stehe und diese Rede halte. Es ist einfach unser, es ist mein Recht.“

Kämpfen wir weiter für unsere Rechte, denn wir sind noch lang noch nicht da, wo wir hingehören. In jeder Stadt, in jedem Dorf in Bayern gab es und gibt es Frauen, die nur wegen ihres Geschlechts nicht die Anerkennung bekommen haben, die ihnen zugestanden wäre: Künstlerinnen, Erfinderinnen, Politikerinnen, Geschäftsfrauen. Unsere Tour steht im Zeichen dieser Frauen, unserer Vorgängerinnen, ohne die wir nicht da wären, wo wir jetzt sind.

Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder für die Zukunft und fangen heute auf unserer Tour damit an, in dem wir wenig gewürdigte weibliche Vorbilder ins Licht stellen.