Offener Brief an Staatsminister Piazolo und Stiftungsdirektor Freller

Anträge auf Bundesfördermittel für die KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg

Sehr geehrter Herr Staatsminister,
lieber Herr Prof. Piazolo,
sehr geehrter Herr Stiftungsdirektor,
lieber Herr Freller,

mit Schreiben vom 16. März 2023 wurde Ihnen durch die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, mitgeteilt, dass die Bundesfördermittel, die für die geplanten Projekte an der KZ-Gedenkstätte Dachau und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg dringend nötig sind, aufgrund von Fehlern in der Antragstellung nicht gewährt werden können. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere die Dringlichkeit der vorgesehenen Maßnahmen an der KZ-Gedenkstätte Dachau der Staatsregierung bereits seit 2016 bewusst war und die damaligen Planungen eine Umsetzung im Zeitraum 2020 bis 2023 vorsahen, sind wir entsetzt über den jetzigen Ablehnungsbescheid. Dieser bedeutet eine nicht hinnehmbare weitere Verzögerung der dringend notwendigen Maßnahmen der Sanierung und Neugestaltung der Ausstellungen.

Im Januar 2020, als sich das Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zum 75. Mal jährte, verkündete die Staatsregierung, dass an der KZ-Gedenkstätte Dachau als zentralem Opferort von besonderem Interesse für die Weltöffentlichkeit ein europäischer Gedenk- und Erinnerungsort entstehen solle, „an dem die Gesamtgeschichte der Konzentrationslager in einzigartiger Weise aufgearbeitet und ihrer Opfer gedacht“ wird. Dafür sollten die Ausstellungen neugestaltet, Maßnahmen der Sanierung ergriffen und weitere Teile des historischen Areals in die Konzeption mit einbezogen werden. Die Umsetzung sollte durch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus in Abstimmung mit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und den Beteiligten erfolgen. Mindestens 200 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt waren vorgesehen. Herr Freller, Sie nannten diese Ankündigungen damals einen „epochalen Durchbruch für die Erinnerungskultur in Bayern, insbesondere für die Opferorte“.

Aus dem Kultusministerium erhielten wir dann im Juni 2021 als Ergänzungen auf unsere schriftliche Anfrage vom März 2021 damals folgende Informationen bezüglich der Projektanträge:

„Auf der Basis eines weiteren Beschlusses des Ministerrats vom 21.07.2020 zur Einleitung der schrittweisen Umsetzung des „Gesamtkonzepts Erinnerungskultur“ wurden der Stiftung Bayerische Gedenkstätten insgesamt 900.000 Euro zur Verfügung gestellt, um in den Jahren 2020 bis 2022 die konzeptionelle Gesamtplanung für die Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg weiter voranzutreiben und jeweils einen ersten konkreten Projektantrag zur Einreichung beim Bund vorzubereiten. Der Bundesantrag muss Antworten auf folgende Fragen aufbereiten:

  • Welches Einzelprojekt soll als erstes priorisiert mitgefördert werden (unter Darlegung der grob geschätzten Kosten und eines Raumnutzungskonzepts)
  • Wie ist dieses erste Einzelprojekt in das perspektivische Gesamtkonzept der jeweiligen Gedenkstätte eingebunden?
  • Ist sichergestellt, dass den beantragten Bundesförderungen auch eine komplementäre bayerische Finanzierung zugrunde liegt?

Das priorisierte Einzelprojekt, eine perspektivische Gesamtkonzeption für die Entwicklung der jeweiligen Gedenkstätte und die Absicherung im Haushalt des Freistaats sind die Voraussetzungen für eine Bundesförderung. Mit diesem jeweils ersten ‚Paket‘ beginnt die Realisierungsphase der Gesamtkonzeption an der jeweiligen Gedenkstätte.Herr Prof. Dr. Skriebeleit war an der Entwicklung der strategischen Grundstruktur des „Gesamtkonzepts Erinnerungskultur“ beteiligt und wirkt auch bei der oben beschriebenen schrittweisen und systematischen Umsetzung der Gesamtplanung weiterhin mit.“

Erneut zwei Jahre sind seither vergangen. Diese zwei Jahre haben Sie genutzt, Anträge auf Bundesfördermittel für Projekte zu beantragen, deren höchste Dringlichkeit auch Ihnen bereits seit mindestens sieben Jahren bekannt ist. Doch diese beantragten Mittel können nun aufgrund von Fehlern bei der Antragstellung nicht bewilligt werden. Diese Arbeitsweise wird aus unserer Sicht der Bedeutung der KZ-Gedenkstätten in keinster Weise gerecht.

Könnten Sie uns bitte mitteilen, wie es dazu kommen konnte? Warum wurden die Hinweise der Fachebene des BKM ignoriert, dass die vorgesehenen Maßnahmen an
den KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg nicht über die Projektförderung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes realisierbar sind? Wer hat die Entscheidung getroffen, die Anträge in dieser – nun abgelehnten Version – einzureichen? Neben der Aufklärung, warum es der Staatsregierung und der Stiftung Bayerische Gedenkstätten hier seit Jahren nicht gelingt, die KZ-Gedenkstätte Dachau angemessen zu unterhalten und weiterzuentwickeln, möchten wir doch auch den Blick in die Zukunft richten. Es handelt sich insbesondere im Fall der KZ-Gedenkstätte Dachau um Baummaßnahmen und eine Weiterentwicklung der Gedenkstätte, die seit vielen Jahren überfällig sind. Ein weiterer Aufschub ist hier nicht zu dulden. Daher fordern wir Sie auf, neben der künftig korrekten Beantragung von Bundesmitteln, mit den dringendsten Maßnahmen unverzüglich zu beginnen und diese – mit den im Januar 2020 angekündigten Millionen für die Erinnerungskultur – aus dem Bayerischen Staatshaushalt zu finanzieren.

Für eine zeitnahe Antwort, wie Sie die Maßnahmen im vorgesehenen Zeitplan nun trotzdem umsetzen werden und eine Beantwortung unserer Fragen, bedanken wir uns bereits im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Schulze MdL, Fraktionsvorsitzende und Gabriele Triebel MdL, Sprecherin für Bildung, Religion und Erinnerungskultur